Das Anti-Gewalt-Training für junge Männer ist oft die letzte Chance auf die Vermeidung von Haftstrafe.
Die Gewaltverherrlichung von Tätern soll erschüttert, Schuldgefühle geweckt und Mitleid mit den Opfern gefördert werden.
Es fand statt im Tai-Kien-Box-Dojo Aachen, das von einem Mann im Sinne der Herzkönige geleitet wird: Frederick Jungheim.
Hier ein Bericht unseres Paten Ralf vom Stein:
Bericht zum Projekt AGT – Antigewalttraining
07.12.2010: “ Knast oder AGT. Das ist schon eine steile Vorlage für die neun "harten" Jungs - einer mit blauem Auge. Mit der Filmreportage über AGT wurde direkt gezeigt worum es ging: Konfrontation. Grenzerfahrung. Selbsterkenntnis. Ich habe mich nur gefragt, wie viele von uns das Herzkriegertraining begonnen hätte, wenn wir vorab einen Film darüber gesehen hätten. Ich habe großen Respekt vor den neun jungen Männern."
11.04.2011: „Udo und ich waren ja am Samstag beim AGT-Endtraining. Das war ein beachtliches Erlebnis, zumal mit der Erfahrung, die Jungs beim AGT-Starttreffen erlebt zu haben. Die waren wie ausgewechselt: offen, gesprächig, locker. Wir dürften bei einem „Heißen Stuhl“ dabei sein und da ging es ordentlich zur Sache. Der Kandidat hat sich wacker geschlagen und zeigte am Ende Herz: Er weinte, was die anderen mit viel Respekt kommentierten. Wir haben da eine sehr gute Sache unterstützt.“
Was ist innerhalb der beiden Berichte, die ich an den Vorstand schrieb, mit den neun jungen Männern passiert?
Sie haben sich zehnmal im Tai-kien, Aachen samstags vormittags getroffen. Kein Ausschlafen. Wer nicht kommt, erhält keine AGT-Zertifikat, muss seine Strafe im Gefängnis absitzen. Das sind harte Randbedingungen, die allerdings aus Sicht der AGT-Therapeuten unbedingt für Erfolg des Trainings erforderlich sind. Zwei Therapeuten und eine Therapeutin sind jeden Samstagvormittag dabei.
Mittelpunkt eines jeden Treffens ist der „Heiße Stuhl“. Vor der Zeremonie berichtet jeder Kandidat der gesamten Gruppe seine Gewalthistorie. Wie war er der Gewalt ausgesetzt? Wie ist er gewalttätig geworden? Die Biographien sind schockierend und die jungen Männer fühlen sich auch bei der Ausübung Ihrer Gewaltexzesse immer noch als Opfer.
Wer kann Ihnen am besten Ihre oftmals grausame Täterrolle veranschaulichen?
Der Kandidat muss nach seinem Bericht den Raum verlassen und die Gruppe beratschlagt, wie man ihn als Täter entlarven kann. Die jungen Männer sind alle Meister Ihres Fachs und kennen genau die Lebenslüge eines Gewalttäters. Der Kandidat kommt wieder herein, setzt sich auf den Heißen Stuhl, die jungen Männer sitzen ganz dicht um ihn herum und konfrontieren ihn. Schonungslos. In aller Schärfe. Unnachgiebig.
Das erste Treffen des Antigewalt Trainings diente zum warm werden. Anschließend kam jeden Samstag ein anderer junger Mann auf den Heißen Stuhl. Jeder Kandidat beschließt selbständig wann Schluss ist und das Szenario wird immer von den Therapeuten kontrolliert. Der Längste hat 21 Minuten ausgehalten, bis er an seine Grenzen kommt.
Der Heiße Stuhl macht die jungen Männer ehrlich im Umgang mit einander. Alle sind Täter, verantwortlich für ihre Taten. Hinschauen tut weh, doch in der Gruppe und unter der fachkundigen Betreuung der Therapeuten, schaut man nicht mehr weg. Stellt sich seinen eigenen Taten, seiner Grausamkeit.
Am Ende des letzten Treffens erhalten neun Männer das AGT-Zertifikat, das sie dem Haftrichter vorlegen und Sie vor der bevorstehenden Haftstrafe verschont. Die Therapeuten berichten, dass die Rückfallquote von AGT-Kandidaten unter 30% liegen und dass die Gewalttäter, die rückfällig werden bei weitem nicht mehr so grausam sind.
Ralf vom Stein